Wohnungsabnahme: Laminat und Teppichboden beschädigt – Muss Mieter zahlen?

    Der Auszug aus einer Mietwohnung hält für den Vermieter oftmals böse Überraschungen bereit. Der Zustand von Laminat, Parkett oder Teppichboden war bei Einzug einwandfrei, bei Auszug sind die Bodenbeläge oft stark in Anspruch genommen oder sogar beschädigt. Der Mieter möchte seine Kaution sehen, der Vermieter will über den vorgefundenen Zustand reden. Klappt das nicht, ist Streit vorprogrammiert.

     

    Grundsätzlich gilt:

    Das Reparieren kleinerer Abnutzungen und Schäden durch den Mieter ist oftmals im Mietvertrag geregelt. Solche Klauseln sind bekannter Streitgegenstand im Mietrecht. Daneben besteht jedoch eine andere, schwer abgrenzbare Pflicht jedes Mieters: die zum Zahlen von Schadensersatz.

    Was jedoch stellt einen Schaden dar? Klar ist, dass regelmäßiges Gehen über Teppiche und Parkett, das Benutzen von Fenstern und Türen und allerlei Umwelteinflüsse auf die Wandfarbe zu Verschlechterungen führen.

    Hält sich so eine Verschlechterung im Rahmen des „gewöhnlichen Gebrauchs“, so muss der Mieter üblicherweise nicht dafür aufkommen. So legt es der Gesetzgeber in § 538 BGB fest. Als gewöhnlicher Gebrauch gilt dabei der Verschleiß durch Nutzung wie im Vertrag vorgesehen. Bei Wohnungen kann also durchaus mit verkratzten Dielen gerechnet werden.

    Ist die Verschlechterung aber besonders gravierend, muss der Mieter Schadensersatz zahlen. Selbst reparieren muss der Mieter den Mangel nicht. Die Wohnung im benutzbaren Zustand zu halten, ist schließlich Pflicht des Vermieters.

    Ein derartiger Sachverhalt landete erst vor dem Amtsgericht und dann beim Landgericht Wiesbaden.

     

    Das war der Sachverhalt:

    Nach Beendigung eines 14 Jahre andauernden Mietverhältnisses, machte der Vermieter nach Auszug des Mieters Schadensersatzansprüche wegen Beschädigungen in den Räumen der Mietwohnung geltend. Der Laminatboden wies mehrere Einkerbungen auf und der Teppichboden war durch zahlreiche Verfärbungen geschädigt. Nach Ansicht des Vermieters handelte es sich nicht um Gebrauchsspuren, sondern um Schäden die den den ehemaligen Mieter zum Schadensersatz verpflichteten. Der Mieter machte geltend, dass die Lebensdauer von Bodenbelägen lediglich 15 Jahre betrage und schon deshalb ein Schaden nicht vorliege. 

     

    Amtsgericht und Landgericht entschieden den Rechtsstreit zu Gunsten des Mieters.

    Bei dem beschädigten Laminatboden handelte es sich nach Ansicht des Gerichts um einen Bodenbelag von einfacher Qualität. Einkerbungen seien bei einem Laminatboden einfacher Qualität nach 14 Jahren der Nutzung als gewöhnliche Abnutzungen bzw. Verschleißerscheinungen anzusehen und nicht als ersatzfähige Schäden.

     

    Laminatboden 14 Jahre, Teppichboden 10 Jahre

    Die wirtschaftliche Lebensdauer eines einfachen Laminatbodens betrage nach der Entscheidung des LG Wiesbaden nicht mehr als 14 Jahre. Das Mietverhältnis der Streitparteien dauerte aber bereits 14 Jahre. Wäre der Bodenbelag nicht so alt gewesen, hätte der geltend gemachte Schadensersatzanspruch um einen Abzug „neu für alt“ gekürzt werden müssen.

    Der Vermieter hatte auch keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten für den Austausch des Teppichbodens, da auch bei einem hochwertigen Teppichboden lediglich eine durchschnittliche Lebensdauer von 10 Jahren anzusetzen sei. Die Verfärbungen des ebenfalls mindestens 14 Jahre alten Teppichbodens stufte das Gericht zudem ebenfalls als „gewöhnliche Abnutzungserscheinungen“ ein.

     

    Als „Sowieso-Kosten“ nicht erstattungsfähig

    Da der Vermieter ohnehin zu Instandhaltungsmaßnahmen, welche nach einem Zeitraum von 14 Jahren naturgemäß anfallen, verpflichtet war, waren die ihm entstandenen Kosten als „Sowieso-Kosten“ ohnehin nicht erstattungsfähig – so das Gericht. Der Vermieter hatte somit keine Ansprüche gegen den Mieter.

    (AG Wiesbaden, Urteil v. 6.12.2018, 93 C 2206/18; LG Wiesbaden, Beschluss v. 28.5.2019, 3 S 31/19)

     

     

     

    Was sagt der Experte?

    Haus & Grund – Fachanwalt Wolfgang Reineke kommentiert weitere Fragen zum Thema:

     

    Es gibt Tabellen, mit deren Hilfe die Lebensdauer der Wohnungsbestandteile festgelegt werden soll. Solche Tabellen, Ratgeber und Handbücher des Vermieters können zwar helfen, entscheidend sind sie aber nicht. Hier einige Beispiele.

    Bauelement / Lebensdauer (Jahre)

    • Arbeitsplatte Küche
      • „Ca. 20 Jahre, bei Granitplatten bis 30 Jahre“
    • Dielenboden
      • 20–30 Jahre
    • Fliesenboden
      • 20–30 Jahre
    • Korkboden
      • 15–20 Jahre
    • Parkettboden
      • „30–40 Jahre (nach 15–20 Jahren
        abschleifen)“
    • Spülmaschine
      • „8–13 Jahre (von Qualität und
        Pflege abhängig)“
    • Laminatboden
      • „Günstige Qualität: ca. 8–10 Jahre
      • Mittlere Qualität: ca. 11–12 Jahre
      • Gute Qualität: ca. 13–15 Jahre“

     

    So eine Tabelle listet die übliche wirtschaftliche Lebensdauer der Teile auf. Ist das Parkett nun schon nach 10 Jahren ruiniert, obwohl nach Tabelle der Belag bei einer hypothetischen Durchschnittsnutzung auch 30 Jahre hätte erreichen können, sind Vermieter schnell motiviert, den Boden zu ersetzen und dem Mieter die Rechnung zu präsentieren..

     

    Nur: Schätzung allein hilft nicht.

    Diese Auflistungen bilden lediglich die Rechtsprechung vergangener Fälle ab. Gerichte haben für bestimmte Einzelfälle Verschleißwerte ermittelt. Daraus ist aber nicht abzuleiten, dass diese Werte überall und immer angewendet werden können. Vielmehr ist stets auf die Umstände des Einzelfalls zu achten.

     

    Im Zweifelsfall schaut das Gericht genau hin!

    Im Zweifel wird sich das Gericht deshalb die Situation in der Wohnung ganz genau anschauen.

    Kommt das Gericht zum Schluss, eine übermäßige Abnutzung liege vor, ist eine Schadensersatzpflicht möglich. Aber in diesem Fall ist wiederum denkbar, den theoretischen Restwert der abgenutzten Einrichtung von den Reparaturkosten abzuziehen. Denn nach dem Abzug „Neu für Alt“ darf dem Vermieter auch kein Vorteil aus der verfrühten Renovierung entstehen. Das Wiesbadener Gericht betonte das bewusst. Denn selbst wenn das Laminat etwas länger hätte halten können, wären die Kosten nach Abzug der Einsparungen sehr gering gewesen.

     

    Ruhe bewahren, Verjährungsfrist beachten und Hilfe holen!

    Auch bei solchen Fällen gilt: Keine überhasteten Schritte! Auf keinen Fall sofort einen Handwerker holen und einen Auftrag erteilen! Kein Gespräch ohne Zeugen führen!

     

    Achtung: Verjährung!

    Wichtig: Sich aber auch nicht hinhalten lassen. Denn es läuft eine sechsmonatige Verjährungsfrist!

     

    Rechtsschutz

    Auch bei einem solchen Sachverhalt ist Rechtsschutz unverzichtbar – nehmen Sie Kontakt mit Ihrer Haus b& Grund Geschäftsstelle auf!

     

    Anwalt aufsuchen

    Ihr Haus & Grund Anwalt mit Erfahrung im Mietrecht besitzt die nötige Einzelfallkenntnis. Ihm sollte Ihr erster Besuch gelten!

    Fachanwalt Wolfgang Reineke