Nicht-Mitglied nimmt an einer Eigentümerversammlung teil – sind jetzt alle Beschlüsse ungültig?

    Beschluss des Landgerichts Aurich vom 3.1.2024 (Az.12 S 83/20

     

    In den Eigentümerversammlungen ist es ein oft wiederkehrendes Bild:

    Ein Ehepaar nimmt an einer Versammlung teil, die Wohnung gehört aber nur einem Ehepartner. In gut funktionierenden Gemeinschaften ist das fast nie ein Problem. Es ist aber nicht dem Gesetz entsprechend und deshalb nicht korrekt!

    Was manchen Eigentümern in solchen Situationen nicht immer bewusst ist: Die Eigentümerversammlung ist geprägt durch den Grundsatz der Nicht-Öffentlichkeit.

    Das bedeutet unter anderem, dass an der Versammlung nur Wohnungseigentümer oder deren Vertreter teilnehmen dürfen. Der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit soll gewährleisten, dass die Willensbildung unbeeinflusst von äußeren Einwirkungen erfolgen kann. Diskussion, Auseinandersetzungen und Beschlussfassungen innerhalb der Eigentümergemeinschaft sind eine interne Angelegenheit.

    In der Praxis stellen sich deshalb oft wichtige Fragen:

    1. Müssen Wohnungseigentümer es hinnehmen, dass andere Miteigentümer einfach dritte Personen mit zu Ihrer Eigentümerversammlung bringen?
    2. Was muss man tun, um sich dagegen zu wehren?

     

    Wenn Ihnen die Anwesenheit dritter Personen nicht passt, dann müssen Sie deren Anwesenheit rügen und zu Protokoll nehmen lassen!

    Verlassen diese den Versammlungsraum nicht, kann man die gefassten Beschlüsse erfolgreich anfechten, wenn nicht auszuschließen ist, dass sich die Anwesenheit der Personen auf die Beschlüsse ausgewirkt haben kann.

     

     

     

    Was sagt der Experte?

    Haus & Grund – Fachanwalt Wolfgang Reineke kommentiert weitere Fragen zum Thema:

     

    Was muss man noch wissen, um seine Rechte in einer Eigentümerversammlung zu wahren?

     

    Vertreter und Vertretungsbeschränkungen

    Die gesetzliche Vertretung (Kinder durch ihre Eltern, GmbH durch den Geschäftsführer) ist unproblematisch immer möglich. Auch die rechtsgeschäftliche Vertretung, also durch Erteilung einer Vollmacht, ist möglich. Sofern die Gemeinschaftsordnung nichts anderes regelt, kann sich ein Wohnungseigentümer von jeder beliebigen Person in der Versammlung vertreten lassen.

    Was bedeutet Vertretung?

    „Vertretung“ bedeutet dabei aber, dass der Eigentümer selbst nicht anwesend ist. Die Vollmacht eines Vertreters kann zwar generell formlos erfolgen, allerdings kann der Verwalter eine Stimmabgabe ohne schriftliche Vollmacht zurückweisen. Es sollten daher unbedingt schriftliche Vollmachten vorliegen.

     

    Berater

    Im Unterschied zu einem Vertreter nimmt ein Berater nicht aktiv anstelle des Wohnungseigentümers an der Versammlung teil, sondern hat lediglich passive, beratende Funktion.

    Grundsätzlich sind auch Berater nicht zugelassen, es gibt aber Ausnahmen

    Da die Wohnungseigentümerversammlung nicht öffentlich ist, dürfen aber generell auch keine Berater daran teilnehmen.

    Allerdings gibt es insoweit Ausnahmen, wenn der Wohnungseigentümer nachweisen kann, dass er an der Hinzuziehung seines Beraters ein berechtigtes Interesse hat. Ein solches berechtigtes Interesse kann sich aus der Komplexität der in der Versammlung zu entscheidenden Sachverhalte ergeben oder aber aus der Tatsache, dass der Wohnungseigentümer sich aus einem in seiner Person liegenden beachtlichen Grund (z.B. bei hohem Lebensalter) oder wegen des Schwierigkeitsgrades der Angelegenheit nicht in der Lage sieht, seine Rechte in der Versammlung angemessen wahrzunehmen.

     

    Das Entweder-Oder-Prinzip

    Nach diesem „Entweder-Oder-Prinzip“ darf der Vertreter nur an der Eigentümerversammlung teilnehmen, wenn der Miteigentümer verhindert aus persönlichen, gesundheitlichen oder altersbedingten Gründen gerade nicht an der Versammlung teilnehmen kann.

    Ausgeschlossen ist daher grundsätzlich die gleichzeitige Anwesenheit beider Personen, also des Miteigentümers sowie seines Vertreters bzw. Beraters.

    Ein derartiger Verstoß kann daher durch die anderen Eigentümer auf der Eigentümerversammlung gerügt werden und kann unter Umständen auch zur Unwirksamkeit der gefassten Beschlüsse führen.

     

    Fazit

    Gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit auf einer Eigentümerversammlung wird sehr häufig verstoßen. Dies hat zur Folge, dass sich sehr viele Gerichte mit Beschlussanfechtungsklagen aufgrund eines derartigen Verstoßes konfrontiert sehen. Dabei muss jedoch auch beachtet werden, dass nicht unbedingt jeder Verstoß gegen den Nichtöffentlichkeitsgrundsatz unmittelbar zur Unwirksamkeit eines Beschlusses führen kann. Denn es muss auch geklärt werden muss, inwiefern der angefochtene Beschluss auch ohne den Mangel zustande gekommen wäre. Vor diesem Hintergrund bedarf es unbedingt rechtlicher Beratung zu den Erfolgsaussichten einer Beschlussanfechtungsklage bei einem Verstoß gegen das Nichtöffentlichkeitsprinzip.

    Gerne unterstützt und berät Sie bei Fragen dieser Art Ihr Haus & Grund Fachanwalt.

    Fachanwalt Wolfgang Reineke