Hausordnung selbst gebastelt? Das ist gefährlich….
Urteil des AG Hamburg vom 02.08.24, Az. 21 C 402/23
Manche Vermieter meinen es gut, machen es aber nicht gut. Ein Hamburger Vermieter wollte es allen recht machen und forderte in seiner Hausordnung die Einhaltung von „unbedingter Ruhe“ in den Zeiten von 13 bis 15 Uhr und von 21 bis 7 Uhr, sowie an Sonn – und Feiertagen bis 9 Uhr.
Eine Mieterin hielt sich nach Auffassung des Vermieters nicht an diese Vorgaben. Er erhob deshalb Klage vor dem Amtsgericht und behauptete, dass es durch diese Mieterin zu massiven Ruhestörungen – insbesondere während der in der Hausordnung festgelegten Ruhezeiten von 13:00 Uhr bis 15:00 Uhr sowie 21:00 Uhr bis 07:00 Uhr – gekommen sei.
Die Mieterin habe die vom Vermieter protokollierten Störungen sogar eingeräumt. Sie habe die Nutzung ihres Fernsehgeräts in der Nacht und auch nächtliches Hören von Musik bestätigt.
Sie verursache zudem ständig Lärm durch quietschende Dielen.
Der Vermieter berief sich auf seine Hausordnung und forderte die Unterlassung dieser Störungen.
Doch das Gericht sah die Sache anders.
Spreche eine Hausordnung von „unbedingter Ruhe“, so das Amtsgericht, dann stelle dies vor dem Hintergrund von § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB (unangemessene Benachteiligung) eine erhebliche Beeinträchtigung des verpflichteten Mieters dar. Diese sei mit dem Zweck einer Überlassung zu einem vertragsgemäßen Wohnen nicht vereinbar.
Bewohnern eines Mehrfamilienhauses sei es erlaubt, im Rahmen des Sozialadäquaten in der gemieteten Wohnung auch solche Geräusche zu verursachen, die andere Hausmitbewohner möglicherweise als ruhestörend empfinden. Derartige Störungen seien bei einer Wohnnutzung typischerweise zu erwarten und in einem Mehrfamilienhaus kaum zu vermeiden. Mit üblichen wahrnehmbaren Wohngeräuschen müssen die Mieter eines Mietshauses – wechselseitig – leben.
Daraus folgerte das Amtsgericht:
„Bei der Bestimmung des allgemeinen Maßstabs der Rücksichtnahme ist auf die gesetzlichen Regelungen abzustellen. Nach § 1 Abs. 1 HmbLärmSchG hat sich jeder so zu verhalten, dass erhebliche Belästigungen unbeteiligter Personen durch Geräusche vermieden werden, soweit das nach den Umständen des Einzelfalls möglich und zumutbar ist. Die allgemein übliche Nachtzeit liegt zwischen 22:00 Uhr und 6:00 Uhr, wobei die Rücksichtnahme ab 22 Uhr erhöht, zwischen 0:00 Uhr und 06:00 Uhr deutlich erhöht ist.“
Keine Einschränkung bei der Bewegungs- und Handlungsfreiheit
Das Gericht weiter:
„Verursacht normales Laufen zur Nachtzeit aufgrund von quietschenden Dielen Lärm, rechtfertigt dies keine Einschränkung, da die freie Bewegung in der Wohnung von zentraler Bedeutung und sozial adäquat ist. Zum Kernbereich zählt insoweit, dass sich der Mieter unter normalem Laufen zur Toilette, in die Küche, in das Schlafzimmer oder in sonstige Räume bewegen darf – auch nachts.
Die Regelung in einer Hausordnung, wonach störende Geräusche, welche durch Arbeiten oder die Benutzung von Haushaltsgeräten hervorgerufen werden, nur an Werktagen in der Zeit von 7 bis 13 Uhr und von 15 bis 20 Uhr gestattet werden, ist unwirksam, da – auch nach engster Auslegung – der Einsatz üblicher Haushaltsgeräte wie Waschmaschine, Wäschetrockner und Geschirrspülmaschine zum gewöhnlichen Wohngebrauch zählt und ein Gebrauch in Ansehung von § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB nur zu Werktagen zu bestimmten Zeiten eine ungerechtfertigte Beeinträchtigung der vertragsgemäßen Nutzung darstellt.“
Was sagt der Experte?
Haus & Grund – Fachanwalt Wolfgang Reineke kommentiert weitere Fragen zum Thema:
Zunächst:Eine allgemeine Hausordnung ist im Mehrfamilienhaus für ein gutes Zusammenleben unerlässlich. Sie findet sich in fast jedem Mietvertrag. Eine Hausordnung ist für ein Mehrfamilienhaus oftmals ein wichtiges Mittel, um das Zusammenleben und Miteinander gestalten zu können. Kennen alle Mieter die dort festgelegten Regelungen und halten sich daran, kann das zu einem guten Verhältnis im Haus beitragen. Die häufigsten und wichtigsten Regelungen betreffen folgende Punkte:
In guten Mietverträgen sind all diese Punkte ausführlich geregelt. Deshalb soll auf Einzelheiten hier nicht näher eingegangen werden. Was aber kann gemacht werden, wenn sich herausstellt, dass die im Mietvertrag vorgesehene Hausordnung nicht passt und geändert werden muss, etwa bei Räumdienst oder der Treppenhausreinigung?
Änderung einer bestehenden HausordnungEine bestehende Hausordnung kann von einem Vermieter nur dann geändert werden, wenn er sich diese Änderung im Mietvertrag vorbehalten hat. Aber nicht jede Änderung ist dabei zulässig und wirksam. Denn – wie schon oben ausgeführt- kann die bestehende Hausordnung die Pflichten und Rechte eines Mieters konkretisieren – aber niemals erweitern oder beschränken.
BeispielIm Mietvertrag haben sich die Mieter verpflichtet im regelmäßigen Turnus die Treppenhausreinigung zu übernehmen und durchzuführen. Nun zeigt es sich, dass einzelne Mieter dieser Verpflichtung nicht nachkommen und das Treppenhaus häufiger ungepflegt erscheint. Eine einseitige Änderung der Hausordnung wird unter dem Gesichtspunkt des § 242 BGB dann für zulässig gehalten, sofern eine ordnungsgemäße Verwaltung und Bewirtschaftung des Hauses dies erfordert (AG Hamburg WuM 1981, 183). Zulässig ist die einseitige Änderung zum Beispiel in dem Fall, dass der Vermieter nachträglich einen Fahrradkeller einrichtet und die Hausordnung dahingehend ändert, dass für die Mieter ein Benutzungszwang gegeben ist. Sonderfall EigentümergemeinschaftEine Hausordnung muss für Besucher in der Regel nicht kenntlich gemacht werden. Allerdings bilden Eigentümergemeinschaften hier eine Ausnahme. Für diese gehört das Aushängen einer Hausordnung zu einer ordnungsgemäßen Verwaltung. Wichtig:Die Hausordnung im Mietvertrag darf nicht der Hausordnung der Eigentümergemeinschaft widersprechen! Nichts selbst basteln – Haus & Grund Anwalt fragenWird eine Änderung der Hausordnung notwendig, so sollte diese nicht ohne Beratung durch den Haus & Grund Anwalt vorgenommen werden. Mieter hält sich nicht an die Hausordnung: Was nun?Hält sich ein Mieter nicht an die Hausordnung, so ist er unter Hinweis auf den konkreten Sachverhalt abzumahnen. Auch in diesem Fall sollte „sicherheitshalber“ die Unterstützung des Haus & Grund Anwalts in Anspruch genommen werden. |
![]() |