Mietinteressenten vergrault – fristlose Kündigung!

    Eine Vermieterbefürchtung, die nicht unbegründet ist:

    Die Wohnung soll neu vermietet werden und eine Mietpartei macht Mietinteressenten gegenüber bei der Wohnungsbesichtigung oder danach die zu vermietende Wohnung und das Umfeld schlecht „bis zum geht nicht mehr“.

    So geschehen im Bezirk des Amtsgerichts Mettmann.

     

    Der Fall

    Im Jahr 1985 mietete die 74 Jahre alte Mieterin die streitgegenständliche 3-Zimmer-Wohnung. Anfang November 2018 sandte die Vermieterin der Mieterin mehrere Abmahnungen wegen deren streitigen Verhaltens gegenüber Mietinteressenten einer weiteren Wohnung im Haus.

    Anfang Februar 2019 erklärte die Vermieterin die fristlose, hilfsweise fristgemäße Kündigung. Ein Grund zur außerordentlichen Kündigung sah sie in dem Verhalten der Mieterin gegenüber Interessenten, die eine weitere Wohnung im Haus besichtigten. Die Mieterin wollte diese offensichtlich durch ihr Verhalten und ihre Äußerungen von einer Anmietung abhalten. Aus diesem Grund hatten die Interessenten auch von einer Anmietung Abstand genommen. Da die Mieterin nicht freiwillig auszog, reichte die Vermieterin eine Räumungsklage ein.

    Mit Erfolg! Die Vermieterin hatte einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe. Denn das Mietverhältnis war durch die Kündigungserklärung wirksam beendet worden.

     

    Kündigung zu Recht!

    Nach den Feststellungen des Gerichts hatte die Mieterin den Interessenten mitgeteilt,

    • Die Wohnung sei in einem verwüsteten Zustand,
    • Der Garten und die Außentreppe seien lebensgefährlich und die Tochter der Vermieterin würde sich hierum nicht kümmern.
    • Die Tochter der Klägerin sei eine schreckliche Person, mit der man nicht auskommen könne und die sie schikanieren würde.
    • Der Mietpreis sei nach ihrer Auffassung Wucher und die Mietinteressenten sollten diesen Preis auf gar keinen Fall bezahlen.
    • Auch sei das Bad in der Wohnung völlig heruntergekommen.
    • Im Übrigen sei die Gegend „brandgefährlich“, es würden Menschen im Garten geknebelt, anschließend würde „Feuer gelegt“. Anderen Personen würde Säure ins Gesicht geschüttet.

    Gerade deshalb hätten diese Interessenten auch von einer Anmietung Abstand genommen.
    Die Mieterin, so das Gericht, hatte sich damit vorsätzlich schädigend verhalten (Amtsgericht Mettmann Urteil vom 14.11.2019 – AZ: 25 C 61/19)
    Das reichte dem Gericht für eine fristlose Kündigung!

     

    Vertragliche Nebenpflicht verletzt

    Gemäß § 573 Abs. 1 BGB kann ein Vermieter einer Wohnung das Mietverhältnis kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Ein berechtigtes Interesse in diesem Sinne liegt gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB insbesondere vor, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt. Die Mieterin hatte durch ihr Verhalten und ihre Äußerungen gegenüber den Mietinteressenten diese von einer Anmietung abgehalten.

    Für das Gericht stand damit fest, dass die Mieterin vorsätzlich eine Neuvermietung des Untergeschosses verhindern wollte und zunächst auch verhindert hat. Sie habe sich damit vorsätzlich schädigend verhalten und in erheblicher Weise ihre vertraglichen Nebenpflichten aus § 241 Abs. 2 BGB gegenüber der Klägerin verletzt.
    Dieses vorsätzlich schädigende Verhalten, das durch kein schutzwürdiges Interesse der Beklagten gerechtfertigt werden könne, habe auch unter Abwägung der beiderseitigen Interessen eine sofortige Kündigung als gerechtfertigt erscheinen lassen.

    Das ganze Urteil (AG Mettmann, Urteil vom 14.11.2019 – 25 C 61/19) finden Sie hier.

     

    Das Landgericht bestätigt Urteil des Amtsgerichts

    Die gegen das Urteil eingelegte Berufung hatte beim Landgericht keinen Erfolg. Es führt wörtlich aus:

    Auch unter Berücksichtigung des Alters der Beklagten und der Tatsache, dass es sich um ein Jahrzehnte andauerndes Mietverhältnis gehandelt hat, ergibt die Berücksichtigung der Gesamtumstände, dass die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hatte.

    Das Amtsgericht hat festgestellt, dass die Beklagte durch ihr Verhalten und ihre Äußerungen gegenüber den Mietinteressenten, den Eheleuten M beabsichtigt habe, diese von einer Anmietung abzuhalten. Gerade deshalb hätten diese Interessenten auch von einer Anmietung Abstand genommen. Die Beklagte habe sich damit vorsätzlich schädigend verhalten. Hieran ist die Kammer gemäß § 529 ZPO gebunden. Denn das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung gemäß § 529 I ZPO die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zu Grunde zu legen, wenn nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen. Zweifel im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO liegen zwar schon dann vor, wenn aus der für das Berufungsgericht gebotenen Sicht eine gewisse – nicht notwendig überwiegende – Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Fall der Beweiserhebung die erstinstanzliche Feststellung keinen Bestand haben wird, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt (BGH, VII ZR 69/17). Solche Zweifel liegen hier aber nicht vor. Der neue Wohnungsnachbar der Beklagten, der Zeuge S, an dessen Glaubwürdigkeit zu zweifeln keine Veranlassung besteht, hat ein Verhalten der Beklagten geschildert, das nur als anmaßend und unverschämt bezeichnet werden kann. Danach hat sie, als der Mieter Renovierungsarbeiten in der Wohnung vor seinem Einzug ausführen ließ, immer wieder Handwerker aufgefordert, die Arbeiten einzustellen und bestimmte Handlungsweisen auszuführen. Dabei hatte sie einen lauten und beleidigenden Tonfall. Insgesamt deutet das Verhalten der Beklagten darauf hin, dass sie nach dem jahrzehntelangen Bewohnen einer Wohnung im Zweifamilienhaus vergessen hat, dass sie lediglich Mieterin und nicht Eigentümerin ist, die alles nach Gusto bestimmen kann. Jedenfalls aber hat das Verhalten der Beklagten wiederholt und nachhaltig den Hausfrieden in einer Weise gestört, dass die Mitbewohner gegenüber der Klägerin angedroht haben, ihr Mietverhältnis zu kündigen.

    Das ganze Urteil (LG Wuppertal, Urteil vom 30.02.2020 – 9 S 208/19) finden Sie hier.

     

     

     

    Was sagt der Experte?

    Haus & Grund – Fachanwalt Wolfgang Reineke kommentiert weitere Fragen zum Thema:

     

    Das Gericht sah im Verhalten der Mieterin die Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht gemäß § 241 Abs.2 BGB. Nebenpflichten bedeuten, dass man anlässlich der Durchführung des Vertrages auf die Rechtsgüter des anderen Rücksicht zu nehmen hat.

    Unter einer Pflichtverletzung versteht man ein Verhalten, wenn ein Schuldner anders handelt als es ihm durch das Schuldverhältnis vorgeschrieben ist und er dadurch eine Rechtspflicht verletzt.

    Im Verhalten der Mieterin sah das Gericht eine Verhaltensweise, die gezielt darauf hinwirkte, dass die Mietinteressenten von einer eventuellen Anmietung Abstand nehmen sollten.

    Deswegen habe habe sich die Mieterin hier vorsätzlich sittenwidrig i.S. des § 826 BGB verhalten.

     

    Was bedeutet die Vorschrift § 826 BGB?

    Er sanktioniert eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung. Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

     

    Dieselben Grundsätze gelten beim geplanten Verkauf einer Immobilie 

    Auch beim Verkauf einer Immobilie darf der Mieter bei einer Besichtigung diese nicht „schlechtreden“, um einen Verkauf zu verhindern. So geschehen in einem Fall Bayerischen Obersten Landgerichts.

     

    Schadensersatz in Höhe von 21660,61 € 

    Dort hatte das Landgericht festgestellt, dass der Mieter in wahrheitswidriger Weise behauptet habe, im Umfeld der Immobilie gäbe es Lärmstörungen wie zum Beispiel das Abspielen lautstarker Musik. Dadurch habe er systematisch Kaufinteressenten vom Erwerb der Immobilie abgehalten. Dies verstoße gegen die guten Sitten.
    Ein eingeholtes Sachverständigengutachten zum Wert der Immobilie ergab einen Schaden in Höhe von 21660,61 €.

    (Bayerisches Oberstes Landesgericht, Urteil vom 10.07.2003 – 2Z BR 56/03-)

     

    Was darf denn der Mieter anlässlich einer Besichtigung sagen?  

    In diesem Zusammenhang gilt:

    Sind Mängel oder sonstige Nachteile tatsächlich vorhanden, darf der Mieter hierauf hinweisen, solange er sachlich und bei der Wahrheit bleibt. Erfindet der Mieter hingegen Mängel, die gar nicht existieren oder nimmt er bewusst Handlungen vor, die die Wohnung in einem negativen Licht erscheinen lassen („Käuferabschreckung“), macht er sich schadensersatzpflichtig, wenn der Interessent aus diesem Grund von dem Erwerb der Wohnung Abstand nimmt und der Vermieter dadurch einen Vermögensnachteil erleidet.

     

    Der Tipp des Experten: Abmahnung durch Haus & Grund Anwalt  

    Sollte der Mieter den Eindruck erwecken, dass er Käufer abschrecken will oder er sein Vorhaben sogar umsetzt, dann sollten Sie Ihren Haus & Grund Fachanwalt aufsuchen, dass von dort eine rechtssichere Abmahnung erfolgt.

    Fachanwalt Wolfgang Reineke