Nicht durchgeführte Schönheitsreparaturen – Genügt im Streitfall ein Kostenvoranschlag?
Ein Vermieter fordert nach Beendigung des Mietvertrages Schadensersatz von seinem ehemaligen Mieter. Dieser hatte trotz Aufforderung und Fristsetzung notwendige Schönheitsreparaturen nicht ausgeführt und eigenverlegte Bodenbeläge sowie Fliesen nicht entfernt. Zudem wurden Schäden im Treppenhaus verursacht. Der Vermieter hatte einen Kostenvoranschlag eingeholt, der die notwendigen Arbeiten auf netto 7.500 Euro bezifferte. Der Vermieter ließ lediglich den vom Mieter verlegten Bodenbelag entfernen und neu verlegen. Für alle Schäden fordert er nun die in einem Kostenvoranschlag genannten voraussichtlichen Netto-Kosten als Schadensersatz. Die vom Mieter hinterlegte Kaution reichte bei weitem nicht aus.
Die Vorinstanz hatte die Klage abgewiesen. Das BGH hob das Urteil auf und verwies den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht. Es stellte klar, dass der Vermieter Schadensersatz für unterlassene Schönheitsreparaturen und nicht entfernte Bodenbeläge und Fliesen gemäß §§ 280 Abs. 1 und 3, 281 Abs. 1 Satz 1 BGB verlangen kann. Für Schäden im Treppenhaus besteht zudem ein Anspruch auf Schadensersatz neben der Leistung gemäß §§ 280 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB.
Bemessung nach „fiktiven“ Kosten rechtens
Der BGH betonte, dass im Mietrecht Schadensersatzansprüche auch anhand der für Instandsetzung oder Instandhaltung oder Rückbau notwendigen, aber noch nicht ausgegebenen („fiktiven“) Kosten bemessen werden können. Diese Rechtsprechung sei trotz geänderter Rechtsprechung des VII. Zivilsenats hinsichtlich des Werkvertragsrechts beizubehalten, da deren Überlegungen allein auf die Besonderheiten des Werkvertragsrechts bezogen sind und nicht auf andere Vertragstypen anwendbar sind.
Der Gefahr einer Überkompensation bei fiktiver Abrechnung im Mietrecht wird nach Ansicht des BGH zum einen dadurch begegnet, dass der Geschädigte nur die zur Erfüllung der Leistungspflicht erforderlichen Kosten beanspruchen darf. Zum anderen sei zu beachten, dass der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) eine allen Rechten, Rechtslagen und Rechtsnormen immanente Inhaltsbegrenzung bildet.
Das ganze Urteil kann man hier nachlesen.
Was sagt der Experte?
Haus & Grund – Fachanwalt Wolfgang Reineke kommentiert weitere Fragen zum Thema:
Wenn Mieter ausziehen, dann erleben Vermieter manchmal ihr blaues Wunder. Nicht nur, dass erforderliche Schönheitsreparaturen nicht oder nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sind, sondern manchmal weist die Mietsache auch erhebliche Beschädigungen auf, die die Mieter verursacht, aber nicht beseitigt haben. Nachdem die Kaution hier oft nicht ausreicht, um den Schaden des Vermieters abzudecken, müsste nun der Vermieter, um die Wohnung wieder in einen ordnungsgemäßen Zustand zu versetzen, erneut in Vorleistung gehen, die Schönheitsreparaturen und Reparaturen ausführen lassen und dann versuchen, die verauslagten Beträge vom Mieter zurückzuerhalten.
Vielen Vermietern fällt es aber schwer Tausende von Euro vorzustrecken. Da hilft dieses Urteil des BGH. Denn danach ist eine fiktive Schadensberechnung im Mietrecht auch nach Beendigung des Mietverhältnisses weiterhin möglich. Es betrifft Schäden, unterlassene Schönheitsreparaturen sowie Rückbauten, für die noch keine tatsächlichen Kosten angefallen sind. Die geänderte Rechtsprechung des BGH zur fiktiven Abrechnung im Werkvertragsrecht, auf deren Grundlage die Vorinstanz die Klage des Vermieters abgewiesen hat, ist nicht auf andere Vertragstypen übertragbar.
Position der Vermieter wird gestärktDiese Entscheidung des BGH hat eine erhebliche Auswirkung auf die Rechtslage im Mietrecht und stärkt die Position der Vermieter. Sie ermöglicht es Vermietern, auch bei beendeten Mietverhältnissen Schadensersatzansprüche auf Basis der voraussichtlich anfallenden Kosten geltend zu machen, selbst wenn diese Kosten noch nicht tatsächlich aufgewendet wurden. Für Vermieter bedeutet dies eine wichtige Klarstellung und ein erweitertes Recht, ihre Interessen zu schützen. Wenn Mieter Schäden verursachen oder vereinbarte Schönheitsreparaturen nicht ordnungsgemäß durchführen, können Vermieter nun die Kosten für die Beseitigung dieser Schäden und Reparaturen auf Grundlage von Kostenvoranschlägen oder Schätzungen verlangen. Dies ermöglicht ihnen, angemessene finanzielle Entschädigung für den entstandenen Schaden zu erhalten, ohne zunächst die tatsächlichen Kosten aufwenden zu müssen. Im Ergebnis ist dieses Ergebnis auch konsequent, wenn nur die jeweiligen Nettobeträge verlangt werden. Für Mieter bedeutet dies, dass sie sich bewusst sein sollten, dass sie auch nach Vertragsende für eventuell verursachte Schäden und unterlassene Schönheitsreparaturen zur Verantwortung gezogen werden können, ohne dass sie die Vorlage von Rechnungen verlangen können. Ihnen ist zu raten die Wohnung in einem ordnungsgemäßen Zustand zurückzugeben und notwendige Reparaturen durchzuführen, um mögliche Schadensersatzansprüche zu vermeiden.
Rechtschutzversicherung ist wichtig!Nicht nur im Fall von Schäden ist eine Rechtsschutzversicherung von größter Bedeutung! Durch ein so genanntes Beweisverfahren kann man ohne Kostenrisiko sofort nach Feststellung der Schäden durch einen gerichtlichen Sachverständigen Art und Umfang der Schäden schätzen lassen, auf dieser Basis abrechnen und nötigenfalls einklagen. Ihr Haus & Grund Fachanwalt steht Ihnen mit einer kompetenten rechtlichen Beratung von Beginn an zur Seite! |
Fachanwalt Wolfgang Reineke |