Kann ein Mieter untervermieten wie er will?
So unglaublich es klingt – ja!
Denn der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einer neuen Entscheidung klargestellt, dass eigentlich jedes Interesse, das nicht gegen geltendes Recht verstößt, anzuerkennen ist.
Wie lag der Fall?
Ein Mieter einer 3-Zimmer-Wohnung in Berlin hatte seinen Vermieter um dessen Einverständnis zur Untervermietung gebeten. Er hatte die Wohnung 2014 bezogen, zog aber zuletzt mit seiner Partnerin und den inzwischen geborenen Kindern an den Stadtrand. Jetzt wollte er zwei von drei Zimmern untervermieten, weil sein Arbeitsplatz nur wenige Gehminuten entfernt war. Als Geschäftsführer einer Spedition, so der Mieter, müsse er oft nachts arbeiten und könne dann in der 3-Zimmer-Wohnung übernachten. Deshalb wollte er ein Zimmer für sich behalten und die anderen beiden Zimmer vermieten.
Der Vermieter war zunächst einverstanden und akzeptierte eine Untervermietung für ein Jahr. Einer weiteren Verlängerung stimmte er nicht zu. In dem sich anschließenden Rechtsstreit verneinte das Landgericht Berlin ein berechtigtes Interesse des Mieters an einer Untervermietung. Der Mieter legte gegen das Urteil Rechtsmittel ein, über welches nun der BGH entschied.
Der BGH war der Ansicht, dass das LG Berlin das „berechtigte Interesse“ eines Mieters gemäß § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB zu sehr eingrenze. Ein „berechtigtes Interesse“ eines Mieters an einer Untervermietung liege schon dann vor, wenn „vernünftige Gründe“ für die Überlassung eines Teils einer Mietwohnung an einen Untermieter bestehen. Es sei denn, es liegt ein Verstoß gegen die Rechtsordnung vor. Kostenentlastung eines Mieters stelle, so der BGH, immer ein berechtigtes Interesse dar. Auch sei nicht relevant, ob es sich um eine Haupt- oder Nebenwohnung handele. Die untervermietete Wohnung muss auch nicht Lebensmittelpunkt des Hauptmieters sein BGH (Urteil vom 27. September 2023 – VIII ZR 88/22 ).
Das ganze Urteil lesen Sie hier.
Dieser darf allerdings seinen Besitz der Wohnung nicht vollständig aufgeben. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, kann sogar die Untervermietung einer 1-Zimmer-Wohnung zulässig sein (so BGH, Urteil v. 13.09.23, Az. VIII ZR 109/229).
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Zweck des Gesetzes
Zweck von § 553 Abs. 1 BGB sei es, einem Mieter eine Wohnung, an der er festhalten will, zu erhalten; egal wie viele Wohnungen der Mieter besitzt. Ein berechtigtes Interesse eines Mieters an einer Untervermietung sticht die Interessen eines Vermieters grundsätzlich aus, wenn keine Unzumutbarkeit für den Vermieter vorliegt.
Deshalb war die Argumentation des Mieters, dass er als Geschäftsführer einer Spedition oft nachts arbeiten müsse und dann in der 3-Zimmer-Wohnung übernachten könne, laut BGH ohne weitere Prüfung vom LG Berlin zu akzeptieren. Die angespannte Lage auf dem Berliner Wohnungsmarkt war für den BGH ebenfalls nicht relevant (BGH, Urteil v. 27.09.23, Az. VIII ZR 88/22).
Berechtigtes Interesse an Untervermietung sticht Interessen eines Vermieters grundsätzlich aus
Einer Untervermietung eines Mieters muss ein Vermieter deshalb immer zustimmen, wenn ein „berechtigtes Interesse“ des Mieters vorliegt.
Nach der gesetzgeberischen Wertentscheidung gehen daher diese „berechtigten Interessen“ des Mieters den Interessen des Vermieters grundsätzlich vor. Sie haben nur dann zurückzustehen, wenn die beabsichtigte Gebrauchsüberlassung für den Vermieter „unzumutbar“ wäre.
Was sagt der Experte?
Haus & Grund – Fachanwalt Wolfgang Reineke kommentiert weitere Fragen zum Thema:
Was ist ein berechtigtes Interesse?Ein berechtigtes Interesse des Mieters im Sinne des § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB ist schon dann anzunehmen, wenn ihm vernünftige Gründe zur Seite stehen, die seinen Wunsch nach Überlassung eines Teils der Wohnung an Dritte nachvollziehbar erscheinen lassen (BGH -Senatsurteil vom 11. Juni 2014). Hierbei ist als berechtigt jedes Interesse des Mieters von nicht ganz unerheblichem Gewicht anzusehen, das mit der geltenden Rechts- und Sozialordnung in Einklang steht. Aufgrund des mieterschützenden Regelungszwecks der Norm reicht vielmehr – wie ausgeführt – jedes nachvollziehbare Interesse z.B an einer finanziellen Ersparnis- aus. Gleiches gilt auch für die fortdauernde Nutzung der Wohnung als Nebenwohnsitz.
Wann überwiegen die Interessen des Vermieters?Zum Schutz gegenläufiger Belange des Vermieters sollte der Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis zur Gebrauchsüberlassung an Dritte dann ausgeschlossen sein, wenn
Wichtig: Erhöhung des MietzinsesFerner wurde dem Vermieter für den Fall, dass die Untervermietung nur bei einer angemessenen Erhöhung des Mietzinses zuzumuten ist, die Möglichkeit eingeräumt, die Erlaubnis zur Untervermietung davon abhängig zu machen, dass der Mieter sich mit einer solchen Erhöhung einverstanden erklärt (§ 549 Abs. 2 Satz 2 BGB). |
Fachanwalt Wolfgang Reineke |