Eigentümerversammlung – Redezeitbegrenzung für „Dauerredner“?

    Urteil des Amtsgerichts Schwarzenbek vom 28.06.23, Az. 2 C 385/22 WEG

     

    Das hat fast jeder Eigentümer in einer Versammlung schon einmal erlebt:

    Da ist jemand, der mit überlangen Redebeiträgen kein Ende findet. Die anderen verdrehen dann irgendwann nur noch entnervt die Augen.

    Oft stehen nämlich so viele und schwierige Themen an, dass die Versammlung ohnehin schon lange dauert. Kann man diesen Problemen begegnen, indem man eine Redezeitbegrenzung beschließt?

    Das ist grundsätzlich zulässig. Aber man muss es richtig machen. Das Amtsgericht Schwarzenbek hat in einem interessanten Urteil klargestellt, worauf man bei einer solchen Beschlussfassung achten sollte Im entschiedenen Fall hatte eine Eigentümergemeinschaft auf Versammlung den folgenden Beschluss gefasst:
    „Die Redezeit je Tagesordnungspunkt beträgt je Teilnehmer maximal drei Minuten. Die Redezeiten sind gegebenenfalls zu begrenzen und gegebenenfalls zu protokollieren.“ Diese Beschränkung der Redezeit sollte nur für die aktuelle Versammlung gelten.

    Ein Wohnungseigentümer war mit diesem Beschluss nicht einverstanden. Er war der Ansicht, eine pauschale Beschränkung der Redezeit auf maximal drei Minuten unverhältnismäßig und rechtswidrig sei.
    Der Eigentümer erhob Klage gegen den Beschluss, um dessen Rechtswidrigkeit feststellen zu lassen.

    Die Klage hatte Erfolg. Da der Beschluss nur eine Redezeitbegrenzung für die konkrete Versammlung vorsah, handelte es sich um einen Geschäftsordnungsbeschluss.

    Ein solcher Geschäftsordnungsbeschluss ist zwar nicht separat anfechtbar, des Gericht konnte aber die Rechtswidrigkeit des Beschlusses feststellen. Der Eigentümer hat das erforderliche Feststellungsinteresse. Zwar betrifft die Regelung nur die konkrete Eigentümerversammlung, sie könnte jedoch in einer künftigen Versammlung wieder gefasst werden.

    Eine pauschale Begrenzung der Redezeit auf drei Minuten ist rechtswidrig, so das Gericht Hierbei sei es unerheblich, ob grundsätzlich eine Beschränkung auf drei Minuten noch ordnungsgemäß sei. Die Regelung widerspreche nämlich „ordnungsgemäßer Verwaltung“, da sie generell und ohne jede Ausnahme gelte.

     

    Keine Regel ohne Ausnahme!

    Um der Bedeutung einzelner Tagesordnungspunkte gerecht zu werden, muss ein Beschluss über die Redezeitbegrenzung Ausnahmen für schwierige und/oder umfangreiche Themenkomplexe vorsehen. Anderenfalls werde das Rederecht unverhältnismäßig beschränkt, was auch nicht durch das Interesse der Eigentümer an einer zügigen und effektiven Durchführung der Eigentümerversammlung gerechtfertigt sei.

     

     

    Was sagt der Experte?

    Haus & Grund – Fachanwalt Wolfgang Reineke kommentiert weitere Fragen zum Thema:

     

    Sie sehen:

    Es ist kein Problem eine Regelung zur Redezeitbeschränkung in einer Eigentümerversammlung einzuführen.

    Wichtig ist, dass die Redezeit nur für die konkrete Versammlung beschränkt wird und nicht generell. Der Beschluss erledigt sich damit mit dem Ende der Versammlung und ist daher separat nicht anfechtbar.

    Ein genereller Beschluss entspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Dabei kann dahinstehen, ob generelle Begrenzungen der Redezeit überhaupt zulässig sind und insoweit eine Beschlusskompetenz besteht. Der Beschluss entspricht bereits deshalb nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, weil er generell und ohne jegliche Ausnahme eine feste Redezeit vorsieht. Die Redezeit muss sich aber an der Bedeutung der Materie und ihrer Komplexität orientieren und alle Wohnungseigentümer gleich behandeln.

    Auch mag man darüber nachdenken, ob nicht bei Eigentümerversammlungen, bei denen von vornherein absehbar ist, dass sich die Versammlungsdauer auch ohne Redezeitbeschränkungen im Rahmen des Zumutbaren hält, eine Abweichung von der Regelung vorzusehen ist. Jedenfalls beeinträchtigt eine generelle Beschränkung der Redezeit ohne Ausnahmen das Recht des einzelnen Wohnungseigentümers in einer Art und Weise, die nicht durch das Interesse der Eigentümer an einer zügigen und effektiven Durchführung der Versammlung gerechtfertigt ist.

    (LG Frankfurt/Main, Beschluss v. 5.6.2014, 2-09 S 6/13)

    Fachanwalt Wolfgang Reineke