„Darf der Vermieter Hundehaltung verbieten?“- Urteil des Amtsgerichts München

    „Es kommt darauf an“- sagen die Richter.

    Ein Hund in der Mietwohnung ist oft ein heikles Thema. So fühlen sich manche Nachbarn durch Gebell genervt oder durch aggressive Hunde bedroht. Häufig kommt es wegen Hundehaltung in der Mietwohnung zum Streit. Aber hilft dem Vermieter ein Hundeverbot?

    Das mögliche Risiko von Belästigungen anderer Mieter allein reicht dazu nicht. Maßgeblich ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2013. Das vollständige Urteil können Sie hier lesen.

    Der BGH erklärte eine Klausel im Mietvertrag einer Genossenschaft insoweit für ungültig. Die Klausel verbot generell das Halten von Hunden und Katzen in Mietwohnungen. Nach Ansicht des BGH werden Mieter jedoch durch eine solche Regelung unangemessen benachteiligt.

     

    Die umstrittene Regelung lautete:

    “Mit Rücksicht auf die Gesamtheit der Nutzer und im Interesse einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Gebäudes, des Grundstücks und der Wohnung bedarf das Mitglied der vorherigen Zustimmung der Genossenschaft, wenn es Tiere hält, soweit es sich nicht um übliche Kleintierhaltung handelt (zum Beispiel Fische, Hamster, Vögel).“

    Im besagten Fall hatte der Bewohner einer Genossenschaftswohnung vorab die Anschaffung eines Hundes mitgeteilt. Die Reaktion der Genossenschaft auf diese Mitteilung war zwischen den beiden Parteien jedoch strittig. Die Genossenschaft erfuhr von der Anwesenheit des Hundes und verlangte dessen Abschaffung innerhalb von vier Wochen.

    Der BGH entschied:

    „Eine Allgemeine Geschäftsbedingung in einem Mietvertrag über Wohnräume, die den Mieter verpflichtet, „keine Hunde und Katzen zu halten“, ist wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters unwirksam.“

     

    BGH-Urteil ist kein Freifahrtschein

    Das BGH-Urteil darf jedoch nicht als Freifahrtschein für die Hundehaltung interpretiert werden. Vielmehr stellte auch der BGH fest, dass es auf die Abwägung der Interessen von Mieter, Vermieter und anderen Parteien im Einzelfall ankommt. Im verhandelten Fall hatte der anwesende Hund nachweislich keine anderen Mieter gestört.

    Für die Abwägung des Einzelfalls sind verschiedene Aspekte relevant. Dazu zählt insbesondere die Belästigung der Nachbarn. Hier geht es nicht zuletzt um Größe, Geruch, Lärm und Gefährlichkeit eines Tieres. Die Faustformel: Je größer ein Tier, desto eher darf der Vermieter die Haltung ablehnen. Ob ein Hund in der Mietwohnung gehalten werden darf, hängt auch von Art und Größe der Wohnung ab. Große Hunde lassen sich in sehr kleinen Wohnungen schlechter unterbringen.

    Auch die Anzahl der gehaltenen Tiere ist relevant. Hier kommen die Interessen des Vermieters ins Spiel. Ist durch die Tierhaltung in der Mietwohnung eine erheblich verstärkte Abnutzung der Wohnung zu erwarten, stellt dies einen Verbotsgrund dar.

    In vielen Mietverträgen gibt es einen Erlaubnisvorbehalt. Demnach ist die Haltung von Hunden oder Katzen in der Mietwohnung zulässig, wenn der Vermieter zuvor eine Genehmigung erteilt. Ein solcher Erlaubnisvorbehalt ist auch nach höchstrichterlicher Rechtsprechung grundsätzlich wirksam. Allerdings dürfen Vermieter ihre Zustimmung nur verweigern, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Dazu gehören zum Beispiel Sachbeschädigungen, Lärmbelästigung durch langes, lautes Bellen und Angriffe auf andere Bewohner durch den Hund.

    Seither beschäftigt eine in den meisten Mietverträgen enthaltene „Genehmigungsklausel“ immer wieder die Gerichte.

     

    Beispielhaft hierfür ist eine weitere Entscheidung des Amtsgerichts München vom 3.8.2018  (Az: 411 C 976/18).

    Geklagt hatte ein Ehepaar, das für seine Kinder (13 und 15 Jahre alt) einen Hund anschaffen wollte. Laut Mietvertrag mussten sie vorher die Zustimmung der Vermietererbengemeinschaft einholen, was sie auch versuchten, indem sie einen Antrag auf Hundehaltung stellten.

    Darin gaben sie an, sich einen Hund der Rasse Magyar Vizsla zulegen zu wollen. Mit einem solchen Vierbeiner hätten sie bereits in einem Tierheim Kontakt gehabt, unterstützt von einer Hundetrainerin. Ihr Anliegen unterfütterten sie mit Empfehlungen der Expertin und des Tierheims sowie der eigenen langjährigen Erfahrung als Hundehalter. Außerdem fragten sie ihre Nachbarn, ob diese Bedenken gegen den Hund in der Mietwohnung hätten. Das war nicht der Fall.

    Trotzdem verboten die Vermieter die Anschaffung des Hundes. Die Begründung: Die erforderliche Betreuung des Tieres sei nicht gewährleistet. Die Kinder kämen erst um 16 Uhr aus der Schule, die Mutter sei berufstätig und der Vater verreise als Fotograf oft. Deshalb sei der Hund in der Mietwohnung über Stunden allein. Abgesehen davon sei das Haus hellhörig, und die Nachbarn hätten sich gegenüber der Verwaltung ablehnend geäußert.

    Gegen das Verbot klagte das Mieterehepaar erfolgreich. Die Eheleute konnten die Argumente der Vermieter überzeugend entkräften. Das Amtsgericht wies infolgedessen die Motive der Vermieter zurück.

     

    Gericht: Befürchtungen reichen nicht

    Das Gericht befand, es sei zwar nachvollziehbar, dass das Risiko eines störenden Hundes in der Mietwohnung ausgeschlossen werden solle. Diese Ablehnung dürfe sich aber nicht nur auf allgemeine Befürchtungen stützen. „Es müssen ausreichend konkrete Anhaltspunkte für eine zu erwartende unzumutbare Belästigung vorliegen“, so das Gericht. Dies sei nicht der Fall, zumal die Hunderasse keine Merkmale aufweise, die auf besondere Herausforderungen bei der Haltung oder auf einen aggressiven Charakter schließen lasse.

    Nach Rücknahme der Berufung wurde das Urteil rechtskräftig.

    Das vollständige Urteil können Sie hier lesen.

     

    Bei vertragswidrigem Verhalten droht Kündigung

    Dass Mieter bei einem vertragswidrigen Verhalten anlässlich einer Hundehaltung sogar die Kündigung riskieren, zeigt eine weitere Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom Januar 2020.

    Die Mieter einer Fünf-Zimmer-Wohnung in einer Villa in Berlin ließen ihren beiden Hunden viele, genauer gesagt, zu viele Freiheiten. So durften die Tiere ohne Leine auf den Gemeinschaftsflächen des Anwesens herumlaufen, zu denen auch ein Kinderspielplatz gehört. Das brachte ihnen nach mehrmaligen Abmahnungen schließlich die Kündigung des Mietvertrages ein.

    Der Fall landete zunächst vor dem Amtsgericht Charlottenburg, dann vor dem Landgericht Berlin, bis schließlich der Bundesgerichtshof sein Urteil verkündete. Beide Vorinstanzen hielten die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung der Vermieterin für begründet.

     

    Erhebliche Verletzung mietvertraglicher Pflichten

    Der BGH sah ebenfalls in dem Verhalten der Mieter – freies Laufenlassen ihrer Hunde auf den Gemeinschaftsflächen (Grünflächen, Kinderspielplatz) des Anwesens entgegen der Hausordnung und ungeachtet mehrerer Abmahnungen – eine erhebliche Verletzung mietvertraglicher Pflichten.

    Ob sich Mitmieter gestört gefühlt haben oder es zu konkreten Beeinträchtigungen wie Verschmutzungen gekommen ist, sei für die Beurteilung der vertragswidrigen Nutzung nicht ausschlaggebend. Doch abgesehen davon hatten sich im konkreten Fall andere Mieter beim Vermieter über die Hunde beschwert. Die Vermieterin hatte mit Abmahnungen reagiert und als der Erfolg ausblieb mit der Kündigung des Mietvertrages (BGH, Beschluss v. 2.1.2020, VIII ZR 328/19).

     

     

    Was sagt der Experte?

    Fachanwalt Wolfgang Reineke kommentiert weitere Fragen zum Thema „Hundehaltung in einer Mietwohnung“

     

     

    Ist ein nachträgliches Hundeverbot möglich?

    Als ganz besonders starken Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht empfinden Hundehalter häufig ein nachträgliches Hundeverbot.

    Erfährt ein Vermieter von der Hundehaltung in einer Mietwohnung, muss er alsbald Einspruch dagegen erheben. Akzeptiert er den Zustand zum Beispiel für drei Jahre, kann er danach kein nachträgliches Verbot mehr verlangen. Dies gilt jedoch nicht, wenn das Tier die Mitbewohner nachweislich durch Lärm, Geruch, Exkremente oder Angriffe belästigt. Ein klassisches Beispiel dafür ist lautes Bellen in der Nacht. In diesen Fällen ist auch ein nachträgliches Hundeverbot möglich.

    Aber:

    Wenn der Hundehalter die angemahnten Zustände nachweislich beseitigt, kann der Vermieter möglicherweise die Hundehaltung doch nicht verhindern.

    Ein nachträgliches Verbot der Hundehaltung ist auch dann nicht möglich, wenn im Mietvertrag vermerkt ist, dass der Vermieter seine Zustimmung jederzeit widerrufen könne.

     

    Hundebesuch trotz Hundeverbot: Ein Risiko für Mieter?

    Auch wenn der Mieter selbst keinen Hund in der Mietwohnung hält, empfängt er möglicherweise Gäste mit Hund. Ist der Besuch eines Hundes trotz Hundeverbot im Haus erlaubt? Grundsätzlich ja. Allerdings gilt es aus Sicht von Mietern hier, Maß zu halten.

    Hunde sollten nicht zu häufig und nicht zu lange zu Besuch sein. Insbesondere sollte darauf verzichtet werden, Hunde temporär zu pflegen (zum Beispiel während eines Urlaubs des Besitzers). Dies verstößt gegen ein gültiges Hundeverbot. Vermieter dürfen den Besuch eines Hundes immer dann untersagen, wenn dies eine Bedrohung darstellt oder aufgrund früherer Erfahrungen mit dem Tier mit einem Schaden an der Mietsache (zum Beispiel Kratzer auf dem Parkett) zu rechnen ist.

     

    Fazit

    Der Vermieter darf kein allgemeines Hundehaltungsverbot aussprechen, aber darf die Hundehaltung einschränken. Die Größe des Hundes oder Gefährlichkeit des Tieres dürfen dabei eine Rolle spielen. Auch bei Geruch- oder Lärmbelästigung darf die Erlaubnis zurückgezogen werden. Mieter dürfen Hunde zu Besuch haben, sofern diese keine Bedrohung für andere Bewohner des Hauses darstellen.

    In jedem Fall sollte der Vermieter anwaltlichen Rat einholen, wenn er gegen eine nicht genehmigte Hunde/Tierhaltung vorgehen will!

    Fachanwalt Wolfgang Reineke