Mietminderung wegen Zigarettenrauch – Ist das rechtens?

    Urteil des AG Bremen vom 17.5.24 Az.17 C 332/22


    Das Rauchen und seine möglichen Folgen haben die Rechtsprechung der Amtsgerichte seit jeher beschäftigt. Mal ging es um die Frage, ob Rauchen „zum üblichen Gebrauch der Mietsache“ gehört, mal um das Ausmaß der Schäden, die in einer Raucherwohnung anlässlich eines Mieterauszugs festgestellt werden.

    Das Amtsgericht Bremen hatte sich jetzt mit der Frage zu befassen, ob ein Mieter wegen Belästigung durch Zigarettenrauch aus einer Nachbarwohnung seine monatlichen Mietzahlungen mindern kann.

    So lag der Sachverhalt:

    Ein Mieter beschwerte sich bei seinem Vermieter über Zigarettenrauch, der aus einer Nachbarwohnung in seine Wohnung eindrang. Er forderte den Vermieter auf das Eindringen des Rauchs in seine Wohnung und die Geruchsbelästigung zu verhindern. Außerdem minderte der Mieter seine monatliche Mietzahlung, denn der starke Raucher in der Nachbarwohnung rauchte auch auf dem Balkon. Der Vermieter akzeptierte die Mietminderung jedoch nicht und wollte auch nichts gegen die Geruchsbelästigung unternehmen.

    Das AG Bremen entschied den folgenden Rechtsstreit wie folgt:
    Gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB, so das Gericht, hatte der Mieter Anspruch auf Beseitigung der Belästigung durch den Zigarettenrauch. Die Belästigung durch den Zigarettenrauch stellte einen Mietmangel dar. Der Mieter war zudem berechtigt, die Miete um 20% zu mindern. Diese verhältnismäßig hohe Minderungsquote war nach Ansicht des Gerichts berechtigt, weil der Mieter im konkreten Fall ständig dem Zigarettengeruch ausgesetzt war und Zigarettenrauch gesundheitsgefährdend ist (AG Bremen, Urteil v. 17.05.24, Az. 17 C 332/22).

    Das Gericht argumentierte:

    Vorliegend sei auf der einen Seite zu berücksichtigen, dass durch das Rauchen des beklagten Mieters in seiner Wohnung über den ganzen Tagesverlauf hinweg und das konstante Lüften von dort die klägerische Wohnung dauerhaft den Emissionen ausgesetzt sei und der Rauch immer eindringe, sobald ein Fenster – oder auch die Haustür zum Hausflur hin – geöffnet werde. Auch der Balkon der Wohnung sei ständigem Zigarettenrauch ausgesetzt. Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass Zigarettenrauch von Nichtrauchern nicht nur als unangenehm empfunden werde, sondern auch gesundheitsschädigend oder zumindest – gesundheitsgefährdend gefährdend und der Kläger als Allergiker in besonderem Maße betroffen sei. Andererseits sei aber zu berücksichtigen, dass das Leben in Mehrparteienhäusern und in Großstädten das allgemeine Lebensrisiko mit sich bringe dauerhaft als belastend empfundenen Gerüchen ausgesetzt zu sein. Insoweit sei unter Berücksichtigung aller genannten Umstände eine Minderungsquote von 20 % als angemessen zu erachten.

    Das ganze Urteil lesen Sie hier.

     

     

    Was sagt der Experte?

    Haus & Grund – Fachanwalt Wolfgang Reineke kommentiert weitere Fragen zum Thema:

     

    Bei Beeinträchtigung durch Zigarettenrauch urteilen die Gerichte bei der Frage der Minderung sehr unterschiedlich.

    Welche Herabsetzung der Miete angemessen ist, richtet sich stets nach den Umständen des Einzelfalls, in erster Linie nach der Schwere des Mangels, dem Grad und der Dauer der Tauglichkeitsminderung, dem Absinken auf den Mindeststandard bzw. dessen Unterschreiten und der dadurch bewirkten Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit der Mietsache.

    Das Landgericht Berlin entschied in einem anderen Fall zu einer Mietminderung von 3 Prozent (Az. 65 S 362/16), in einem anderen Fall auf 10 Prozent (Az.: 67 S 307/12).

     

    Was können Vermieter tun?

    Ob der Vermieter vom Störer die Minderung als Schadensersatz verlangen kann, ist obergerichtlich nicht entschieden. Zumindest sollte der Vermieter sofort einschreiten und den die Störung verursachenden Rauchen auffordern, den in die Wohnung des Nachbarn eindringenden Rauch zu unterbinden.

     

    Können Vermieter vertraglich verbieten in der Wohnung zu rauchen?

    Diese Frage kann man nach überwiegender Meinung bejahen, allerdings reicht eine allgemeine oder in einem Vertrag vorformulierte Klausel nicht aus. Der Vermieter muss eine solche „Individualvereinbarung“ mit dem Mieter gemeinsam vertraglich festhalten.

     

    Was ist eine „Individualvereinbarung“?

    Individualvereinbarungen müssen ausgehandelt werden. Eine Individualvereinbarung liegt immer vor, wenn ein konkreter Regelungsgegenstand zwischen den Vertragsparteien gemeinsam ausgehandelt wurde und nicht von der einen Partei lediglich zur Unterschrift vorgelegt wurde.

    Im Streitfall ist es für den Vermieter positiv, wenn

    • die Regelung auf Wunsch des Mieters in den Vertrag aufgenommen wurde (BGH, Az. VIII 257/04),
    • der gesamte Inhalt einer Bestimmung auf das individuelle Vertragsverhältnis der Parteien abgestimmt ist (OLG Düsseldorf, Az. I-10 U 91/10),
    • der Vermieter zuerst einen „ersten Entwurf“ mit der Bitte um Kenntnisnahme und Prüfung zusendet und es anschließend zu weiteren Gesprächen und zu Änderungen und Ergänzungen des ursprünglichen Entwurfs kommt (OLG Köln, Az. 22 U 139/03),
    • ein vom Vermieter vorgelegtes Vertragsmuster in allen Details besprochen wird und bei diesen Verhandlungen zahlreiche Streichungen, Änderungen und handschriftliche Ergänzungen im Vertragstext vorgenommen werden (LG Berlin, Az. 32 O 258/13).

    Der Vermieter trägt die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich eines behaupteten individuellen Aushandelns.

    Haus& Grund Anwalt zu Rate ziehen

    Bei der Frage, wie eine solche individuelle Klausel abgefasst werden sollte, ist unbedingt ihr Haus & Grund Anwalt zu Rate zu ziehen.

    Fachanwalt Wolfgang Reineke