Wann ist eine „Kleinreparatur“ noch „klein“?

    Urteil des Amtsgerichts Berlin Mitte vom 5.2.2020

    Klar ist: Wenn in einer Mietwohnung etwas defekt ist, muss es repariert werden. Doch wenn es an die Bezahlung der Reparaturkosten kommt, dann gehen die Meinungen der Mieter und Vermieter gerade bei den „Kleinreparaturen“ weit auseinander.

    Wie lag der Fall?

    In einer Berliner Mietwohnung kam es gleich „ganz dicke“. Eine Steckdose fiel aus, die Dichtung am Abflussrohr der Toilette und die Ablaufpumpe der Dusche waren ebenfalls defekt. Da der Mietvertrag eine in fast allen Verträgen verwendete „Kleinreparaturklausel“ enthielt, war die Vermieterin der Meinung, dass alle drei “Instandsetzungen” vom Mieter zu tragen seien. Der Mieter sah dies anders weigerte und weigerte sich für die Reparaturen aufzukommen. So landete der Streit schließlich vor dem Amtsgericht Berlin-Mitte.

    Das Gericht entschied wie folgt:

    Die Reparatur der Steckdose unterliegt einem „häufigen, unmittelbaren Zugriff“ des Mieters und muss von diesem bezahlt werden. Abflussrohrdichtung und Ablaufpumpe für die Dusche hingegen sind keine derartigen Gegenstände. Sie fallen in den Bereich des Vermieters.
    (AG Berlin-Mitte, 5.2.2020-Az: 15 C 256/19)

    Der Fall zeigt beispielhaft, wie kompliziert die Dinge im Einzelfall liegen.

    Grundsätzlich gilt:

    Im Mietvertrag können Kleinreparaturen auf den Mieter übertragen werden. Diese Klausel darf sich aber immer nur auf die Teile der Mietwohnung beziehen, die vom Mieter häufig genutzt werden.

    Das sind Instandhaltungen für das das Beheben kleiner Schäden an Installationsgeräten. Mögliche Beispiele für Kleinreparaturen, die der Mieter bei gültiger Kleinreparaturklausel im Mietvertrag bezahlen muss, sind Reparaturen an:

    • Fenstergriff
    • Türgriff
    • Waschbecken
    • Duschkopf
    • Wasserhahn
    • Rollladengurt
    • Lichtschalter
    • Steckdose

    Nicht darunter fallen dagegen Reparaturen an:

    • Austausch von Leuchtmitteln im Hausflur
    • Reparatur des Rollladenkastens
    • Arbeiten an Gas- oder Stromleitungen
    • Austausch von Fensterscheiben
    • Arbeiten an einer Therme

    Sie bleiben immer in der Verantwortung des Vermieters. Lediglich die Kosten für die regelmäßige Wartung einer Therme kann der Vermieter per Vertrag auf den Mieter übertragen. Auch für Reparaturen außerhalb der Wohnung, beispielsweise der Haustür oder von Lichtschaltern im Treppenhaus kann der Mieter nicht herangezogen werden.

     

    Nicht auf eigene Faust erweitern!

    Vermieter versuchen bisweilen, diese Regelungen „auf eigene Faust“ zu erweitern. Geht jedoch die Klausel darüber hinaus, wird sie insgesamt unwirksam. Das entschied das Amtsgericht Zossen.
    In dem Verfahren stritten ein Vermieter und sein Mieter über die Reparaturkosten einer Beleuchtung im Flur des Miethauses. Der Vermieter wollte den Betrag von 44,00 € von seinem Mieter erstattet haben. Er verwies auf eine Klausel im Mietvertrag. Danach hatte der Mieter kleinere Schäden bis zu einem Betrag von 100,00 € zu tragen. Die sollte auch für Schäden an Spiegeln, Verglasungen und Beleuchtungskörper gelten. Der Mieter verweigerte die Zahlung. Er war der Meinung, die angesprochene Klausel sei ungültig. Es kam zum Rechtsstreit.
    Das zuständige Amtsgericht gab dem Mieter Recht. Durch die Auferlegung, dass auch Reparaturkosten für Spiegel, Verglasungen und Beleuchtungskörpern vom Mieter zu tragen seien, stelle es für diesen eine „unangemessene Benachteiligung“ dar. Dadurch werde die gesamte Klausel unwirksam. Eine gültige Klausel dürfe sich lediglich auf solche Teile der Mietwohnung beziehen, auf die der Mieter häufig zugreife. Dazu gehörten aber die unter anderem aufgeführten Gegenstände ((Spiegel, Verglasungen und Beleuchtungskörper) nicht.
    (Urteil des Amtsgerichts Zossen vom 11.06.2015 – Aktenzeichen 4 C 50/15)

     

    Silikonfugen fallen auch nicht darunter

    Auch für die Silikonfugen im Badezimmer ist der Vermieter verantwortlich. Er kann dies auch nicht durch eine Kleinreparaturklausel im Mietvertrag auf den Mieter abwälzen. Zu diesem Ergebnis kam das Amtsgericht Berlin Mitte in einem Urteil vom 29.08.2017 (Aktenzeichen 5 C 93/16).

    Der Richter stellte fest, dass die Erneuerung der Silikonfugen nach § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB Sache des Vermieters sei („Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten.“). Eine Kleinreparaturklausel könne dies nicht außer Kraft setzen.

    Wäre in der Klausel – wie im vorliegenden Fall – lediglich von kleineren Schäden die Rede, die an zugänglichen Installationsgegenständen für Wasser auftreten, ergebe sich schon aus dem Wortlaut keine Zuständigkeit des Mieters. Silikonfugen seien kein Installationsgegenstand. Da die Fugen mit der Zeit spröde würden und etwa alle zwei Jahre kontrolliert beziehungsweise nach rund acht Jahren ausgetauscht werden müssten, könne der Mieter diese Probleme nicht durch Reinigung der Dusche lösen.

     

    Weitere Einschränkungen

    Gibt es bei den Kosten eine Höchstgrenze?

    Eine Klausel in einem Mietvertrag, wonach der Mieter für Kleinreparaturen aufkommen soll, ist nur für Kosten von bis zu 100,- € zulässig. Das ist jedenfalls die Meinung des AG Neustadt/Rübenberge vom Januar 2020.

    Der Fall:

    Ein Vermieter und sein Mieter stritten über die Wirksamkeit einer im Mietvertrag enthaltenen Kleinreparaturklausel. Hiernach sollte der Mieter die Kosten von Kleinreparaturen pro Einzelfall 150,- € und maximal 300,- € im Jahr tragen. Auf Grundlage dieser Klausel forderte der Vermieter vom Mieter Ersatz für die Kosten einer Heizungsreparatur in Höhe von 141,- €. Der Mieter weigerte sich diese Kosten zu erstatten.

    Das AG Neustadt/Rübenberge entschied zu Gunsten des Mieters, dass die im Mietvertrag enthaltene Kleinreparaturklausel rechtswidrig und unwirksam war. Der Mieter war nicht verpflichtet pro Einzelfall 150,- € und maximal 300,- € im Jahr zu tragen. Das AG Neustadt/Rübenberge ließ für eine einzelne Kleinreparatur höchstens Kosten von bis zu 100,- € zu Lasten des Mieters gelten

    (AG Neustadt/Rübenberge, Urteil v. 10.01.20, Az. 47 C 400/19).

    Diese Meinung ist allerdings nicht unumstritten.

    Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Berlin-Schöneberg hervor.

    In dem zugrunde liegenden Fall sollten die Mieter einer Wohnung für die Kosten der Reparatur des Kaltwasserabsperrhahns in Höhe von ca. 50 EUR tragen. Der Vermieter berief sich dabei auf die im Mietvertrag aufgenommene Kleinreparaturklausel. Die Mieter hielten diese für unwirksam, da der geregelte Höchstbetrag für jede Kleinreparatur mit 120 EUR unangemessen hoch sei.

    Das Gericht sah dies anders. Die Kleinreparaturklausel sei nicht unwirksam, da der Höchstbetrag der einzelnen Reparatur von 120 EUR nicht unangemessen sei.

    Amtsgericht Berlin Schöneberg Urteil vom 3.7. 2017 -106 C 46/17

     

    „Ganz oder gar nicht“

    Unwirksam sind auch Vereinbarungen, die den Mieter verpflichten, sich an allen Reparaturen jeweils mit einem bestimmten Betrag zu beteiligen.

    Bei Kleinreparaturen gilt nämlich das Prinzip „ganz oder gar nicht“. Sobald die Reparaturkosten die im Mietvertrag festgesetzte Obergrenze überschreiten, muss der Vermieter diese vollständig übernehmen und darf den Mieter nicht etwa anteilig zur Zahlung heranziehen.

    Ein Beispiel:

    Die Reparatur eines Rollladens soll 150 Euro kosten. In der Kleinreparaturklausel im Mietvertrag ist eine Obergrenze von 100 Euro angegeben. Nun verlangt der Vermieter, dass der Mieter die „ersten 100 Euro“ der Rechnung übernimmt, er selber aber nur die Differenz von 50 Euro bezahlt. Dies ist nicht rechtens. Sollte eine derartige Regelung als sogenannte Beteiligungsklausel im Mietvertrag stehen, ist sie ungültig.

     

    Wie hoch ist die Gesamtbelastung von Kleinreparaturen?

    Bisweilen kommt es vor, dass mehrere Kleinreparaturen in relativ kurzer Zeit anfallen. In diesem Fall ist es nicht statthaft, vom Mieter beliebig häufig zum Beispiel 75 Euro pro Reparatur zu verlangen.

    Die Rechtsprechung begrenzt derzeit die jährliche Gesamtbelastung des Mieters durch Kleinreparaturen auf maximal 6 bis 8 Prozent der Jahreskaltmiete. Ist im Mietvertrag keine Kleinreparaturklausel vereinbart oder ist diese unwirksam (etwa wegen einer zu hohen Obergrenze), darf der Mieter nicht zur Übernahme von Reparaturkosten herangezogen werden.

     

    Ist die Kleinreparaturklausel „verpflichtend“?

    Ebenfalls ungültig sind sogenannte Vornahmeklauseln, die den Mieter verpflichten, Reparaturen oder Wartungsarbeiten selbst auszuführen oder in Auftrag zu geben.

    Im Umkehrschluss heißt das auch, dass der Mieter nicht von sich aus Reparaturarbeiten ausführen oder Handwerker beauftragen darf. Alle Mängel sind stets dem Vermieter zu melden. Er muss zur Beseitigung aufgefordert werden, sonst haftet der Mieter selbst für mögliche Handwerkerfehler.

     

     

    Was sagt der Experte?

    Haus & Grund – Fachanwalt Wolfgang Reineke kommentiert weitere Fragen zum Thema:

     

     

    Die erste Frage lautet:

    Damit eine Kleinreparaturklausel wirksam wird, sollte sie folgende Punkte enthalten:

    • Verpflichtende Reparaturen: Mieter dürfen keinesfalls selbst zur Vornahme der Reparaturen verpflichtet werden.
    • Beschränkung: Die Kleinreparaturklausel muss sich auf Schäden von häufig genutzten Teilen beschränken.
    • Höhe der Kosten: Der Beitrag zu den Kosten darf im Einzelfall 75 bis 100 Euro nicht überschreiten
    • Keine anteiligen Kosten: Für höhere Rechnungen dürfen keine anteiligen Kosten verlangt werden.
    • Jahreshöchstbetrag: Es darf ein Jahreshöchstbetrag festgesetzt werden, der bei 200 bis 250 Euro liegen sollte. Alternativ darf der Vermieter auch 8% der Jahresmiete ansetzen, falls dieser Betrag niedriger ausfallen sollte.

     

    Kleine Beträge können den größten Ärger verursachen!

    Jeder Fall liegt anders. Bevor Sie sich mit Ihrem Mieter über den konkret eingetretenen Fall „in die Haare kriegen“ lassen Sie sich von Ihrem Haus & Grund Anwalt beraten! Er hat Zugang zu zahlreichen Urteilen, aus denen sich meist schon die Lösung ergibt. Ändern oder ergänzen Sie keinesfalls etwas in Ihrem Vertrag! Sie laufen Gefahr, dass dann die ganze Klausel unwirksam wird und Sie dann in jedem Fall die Kosten aller Reparaturen tragen!

    Konsultieren Sie vorab Ihren Haus & Grund-Anwalt!

    Fachanwalt Wolfgang Reineke