Urteil des Monats


Nächtliches Staubsaugen und Möbelrücken – Fristlose Kündigung gerechtfertigt?

AG Hamburg – Urteil vom 11.2.2025 – Az. 21 C 344/24

 

Rechtfertigt eine fortgesetzte nächtliche Lärmverursachung wie Staubsaugen und Möbelrücken eine fristlose Kündigung? Mit diesem Sachverhalt hatte sich das Amtsgericht Hamburg im Februar 2025 zu befassen.

Ein Vermieter hatte seiner Mieterin wegen wiederholter nächtlicher Ruhestörung fristlos gekündigt. Die Mieterin hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, regelmäßig zwischen 22 Uhr und 6 Uhr morgens Staub zu saugen und auf andere Weise Lärm zu verursachen. Im Einzelnen ging es um lärmverursachende Verhaltensweisen wie Baden, Duschen, Staubsaugen, Waschmaschine betätigen, lautes Streiten, Möbelrücken, Türen- und Fensterschlagen. Wiederholt beschwerten sich andere Mieter der Hausgemeinschaft.

Die beklagte Mieterin wurde vom Vermieter wiederholt auf ihr störendes nächtliches Wohnverhalten hingewiesen und abgemahnt. Es wurden ausdrücklich mietrechtliche Schritte angedroht.
Dennoch akzeptierte die Mieterin die Kündigung nicht. Da die Mieterin nicht freiwillig auszog, musste der Vermieter eine Räumungsklage einreichen.

Die Klage hatte Erfolg. Das AG Hamburg entschied zu Gunsten des Vermieters, dass die Kündigung rechtmäßig war. Die Mieterin war verpflichtet die Wohnung zu räumen, da sie während der nächtlichen Ruhezeiten den Hausfrieden gestört und damit eine zur Kündigung berechtigende Pflichtverletzung gemäß § 569 Abs. 2 BGB begangen hatte. Gemäß der „TA-Lärm“ ist zwischen 22 und 6 Uhr eine nächtliche Ruhezeit einzuhalten, so dass für Hausbewohner untereinander ein erhöhtes Rücksichtnahmegebot gilt.

Die regelmäßig von der Mieterin nach 22 Uhr verursachten Geräuschbelästigungen durch Staubsaugen und damit verbundenes Möbelrücken entsprachen auch deshalb nicht einer vertragsgerechten Nutzung der Mietwohnung.

Die vollständige Entscheidung lesen Sie hier.

 

 

 

Was sagt der Experte?

Haus & Grund – Fachanwalt Wolfgang Reineke kommentiert weitere Fragen zum Thema:

 

Lärmverursachung in einem Mehrfamilienhaus durch eine Mietpartei hat schon manchen Vermieter zur Verzweiflung getrieben. Er wird, obwohl er selbst nichts dazu beigetragen hat, von anderen Mietern zur Verantwortung gezogen, indem sie die Miete mindern oder ganz zurückhalten. Er muss also reagieren. Aber wie?

Das Problem wird auf Vermieterseite oft unterschätzt, was dazu führt, dass Klagen auch deshalb scheitern, weil die Gerichte hohe Anforderungen an eine Kündigung stellen, die als Begründung Lärmverursachung und Ruhestörung zum Inhalt hat.

 

Was muss ein Vermieter in Erwägung ziehen?

Mit üblichen wahrnehmbaren Wohngeräuschen müssen die Mieter eines Mietshauses – wechselseitig – grundsätzlich leben.

Ob die im Mietrecht geltende allgemeine Rücksichtnahmepflicht verletzt wird, ist durch Abwägung der widerstreitenden Interessen zu ermitteln. Dies gilt sowohl für gelegentliche Störungen infolge von Unterhaltungen zwischen den Bewohnern, als auch für gelegentliche Störungen durch Türenknallen, Fensterknallen oder Trampeln, Musik- und Fernsehgeräusche, für den mit üblichen Hausarbeiten verbundenen Lärm, für gelegentliche Handwerksarbeiten sowie für Kinderlärm, solange dieser den in einem Mehrfamilienhaus üblichen Umfang nicht überschreitet (AG Frankfurt a.M., Urteil vom 19.01.2023 – 33 C 644/21).

 

Welcher Maßstab ist anzulegen?

Dem Bewohner eines Mehrfamilienhauses ist es erlaubt, im Rahmen des Sozialadäquaten in der von ihm bewohnten Wohnung auch solche Geräusche zu verursachen, die andere Hausmitbewohner als ruhestörend empfinden. (AG Singen, Urteil vom 29.04.2022 – 1 C 235/21).

Dabei sind vor allem die Lautstärke, der zeitliche Umfang, die Sozialadäquanz, die Möglichkeit von Gegenmaßnahmen zur Lärmprävention und die baulichen Gegebenheiten zu berücksichtigen. Derartige Störungen sind bei einer Wohnnutzung typischerweise zu erwarten und in einem Mehrfamilienhaus kaum zu vermeiden.

 

Wie gehe ich vor?

Wichtig ist vor allem die vorgerichtliche Vorgehensweise. Dazu gehört das Führen eines Lärmprotokolls und eine rechtswirksame Abmahnung. Diese muss die einzelnen Geschehnisse detailliert auflisten und mit dem Hinweis verbunden sein, dass bei einer erneuten Ruhestörung eine Kündigung ausgesprochen werde.

Um alle Unsicherheiten und Risiken zu vermeiden ist in der Regel eine Beratung/Vertretung durch den Haus & Grund Anwalt geboten.

Fachanwalt Wolfgang Reineke

 

 

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Beratungsthemen in den Haus & Grund Vereinen

 

Mehr als die Hälfte aller Rechtsberatungen entfallen auf die Beratungsklassiker „Betriebskosten, inkl. Heizkosten“ und „Wohnungsmängel“. Sie sind die dominierenden Rechtsberatungsthemen.

Das dritthäufigste Beratungsthema bleiben die Mieterhöhungen auf die ortsübliche Vergleichsmiete mit einem Anstieg auf jetzt 12,8 Prozent. Hier spiegeln sich Entwicklungen auf den Wohnungsmärkten mit zuletzt stark steigenden Mieten wieder.

Unter „Allgemeine Vertragsangelegenheiten“, Platz 4 der häufigsten Beratungsthemen, fallen alle Rechtsberatungen, die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis als Hintergrund haben, sowie Beratungen im Vorfeld bzw. beim Abschluss des Mietvertrages. Das sind beispielsweise Fragen zur Mietpreisbremse, zu Staffel- oder Indexmieten, zu Wohnungssuche und Wohnungsbesichtigung, zu Wohngemeinschaften, bis hin zu Fragen, ob Tierhaltung erlaubt, die Haustür abends abgeschlossen werden muss oder wie laut gefeiert werden darf.

Mehr als jede 10. Rechtsberatung dreht sich um die Themen „Mietkaution“ und „Schönheitsreparaturen“. Meistens geht es um Fragen, ob und wann der Vermieter die Kaution nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzahlen muss, ob der Vermieter das Kautionsguthaben verrechnen darf, zum Beispiel mit Ersatzansprüchen wegen unterbliebener Schönheitsreparaturen.

Beratungen zur „Vermieterkündigung“ sind fast doppelt so häufig wie Beratungen zum Thema „Mieterkündigung“, typisch für die Entwicklung auf engen Wohnungsmärkten.

Der Beratungsbedarf zum Thema „Modernisierung“ lag 2018 noch bei 3,3 Prozent. Auch wenn nur rund 1 Prozent des Wohnungsbestandes 2018 modernisiert wurde, sorgen drastische Mietpreissteigerungen nach durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen für eine entsprechende Nachfrage nach Beratungen.

 

 Streitgegenstand in Mietrechtsprozessen

2018 2017 2016
1. Vertragsverletzungen 26,8 % 27,4 % 26,7 %
2. Mieterhöhung 21,3 % 16,6 % 17,3 %
3. Betriebskosten 18,1 % 19,4 % 20,9 %
4. Mietkaution 15,3 % 16,2 % 16,1 %
5. Eigenbedarf 6,2 % 5,9 % 5,2 %
6. Fristlose Kündigung 4,9 % 5,5 % 5,0 %
7. Modernisierung 1,7 % 1,8 % 1,9 %
7. Ordentliche Kündigung 1,7 % 1,5 % 1,5 %
9. Schönheitsreparaturen 0,7 % 1,0 % 0,9 %

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